Musik in Konzentrationslagern

9. Oktober 2021, 16:00 Uhr, 1100 Wien, Parkpavillon 1, Bühne beim Parkcafé “Der Mann”

Vortrag von Piet Grusch über Lieder in den Konzentrationslagern
im Rahmen des Festivals „Wiener Mischkulanz

In den Konzentrationslagern des NS-Terrorregimes bildete Musik von Anfang an einen festen Bestandteil des Lagerlebens. Von der SS wurde sie gezielt als Strategie der Entwürdigung eingesetzt. Zu dieser auf Befehl verordneten Musik zählte vor allem das Singen müssen. Als alltägliche Schikane mussten häufig Nazilieder gesungen werden. In manchen Lagern verfassten Häftlinge einen anderen Text, was der oft betrunkenen Wachmannschaft nicht auffiel.  Als ein Beispiel hier das Lied „Wir sind die Moorsoldaten“ nach der Melodie des SS Panzerliedes (1).

In einigen Lagern konnten, mit Duldung der SS, Veranstaltungen durchgeführt werden. Bei einer dieser Veranstaltungen entstand im KZ Börgermoor das international bekannteste „Moorsoldatenlied“. Nach der Auflösung der Moorlager mussten die Häftlinge das KZ Sachsenhausen errichten. Dort gab es die sogenannten „Schallerabende“. Dabei wurden von den Häftlingen angeblich die von den SS immer wieder verlangten Marschlieder geübt. Dort entstand auch das „Sachsenhausenlied“ (3).

Im KZ Buchenwald wollte der Kommandant unbedingt ein eigenes Lagerlied haben und er bekam eines. Hermann Leopoldi und Fritz Löhner-Beda schrieben das „Buchenwaldlied“. Die beiden sollten dafür 10 Reichsmark bekommen, aber weil Juden, bekamen sie nichts. (4). Anscheinend war die Melodie bei den SS beliebt, denn 4 Jahre später wurde es mit anderem Text das Lagerlied des Vernichtungslagers Treblinka. Es singt hier der SS-Mann Suchomel, der in einem Interview betonte, kein Jude könne das Lied noch singen (5). Es gibt noch weitere KZ Lieder von Österreichern, wie z.B. das „Dachaulied“ von Jura Soyfer (6).

Bis hierher habe ich nur Lieder aus „Männer KZs“ gespielt. Davon gab es Hunderte und es gab einen häufigen Wechsel der Häftlinge, daher gibt es aus den Männer KZs viele bekannte Lieder. Frauen-KZs gab es offiziell nur 2: Ravensbrück und Auschwitz-Birkenau. Wer allerdings nach Auschwitz kam, wurde dort direkt in der Gaskammer ermordet. Es folgt  das „Ravensbrücklied“ (7).

Der Librettist von Franz Lehár und Dichter des Buchenwaldliedes, Fritz Löhner-Beda, schrieb in Auschwitz III das „Bunalied“. Kurz danach wurde er nach einer Arbeitsinspektion durch Direktoren der IG Farben, die dort Häftlinge wie Sklaven zu arbeiten zwangen, auf deren Wunsch von der SS erschlagen (8).

Ein Lager war im kulturellen Leben besonders kreativ: Theresienstadt. Dies war ein Vorzeigelager der Nazis um der Welt zu zeigen, wie gut es den Juden im 3.Reich geht. Es gab Musik, Kabarett, ein Kaffeehaus und vieles Andere mehr. Die Wahrheit ist: Von den 141.000 Juden haben nur 17.000 ihre Befreiung erlebt (9). Eine der Kulturschaffenden dort war Ilse Weber. Sie arbeitete im Kinderheim und textete und komponierte viele Lieder. Als ihre Kindergruppe auf Transport ging fuhr sie mit. In der Gaskammer von Auschwitz-Birkenau sang sie ihren Kindern, laut Berichten von Menschen des Sonderkommandos, dieses Lied zur Beruhigung vor (10). Zum Abschluss noch ein Lied aus dem Frauenlager (11).

Liste der Lieder

1   Wir sind die Moorsoldaten – 2:14

2   Die Moorsoldaten – 2:50

3   Sachsenhausenlied – 3:10

4   Buchenwaldlied – 3:45

5   Treblinkalied – 1:00

6   Dachaulied – 3:40

7   Ravensbrücklied – 1:25

8   Bunalied – 1:35

9   Theresienstädter Kinderreim – 1:25

10 Wiegala – 2:16

11 Frauenlager – 1:28     

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